Zukunftsrat Demokratie/ Daniel Furxer

Replik auf den Bericht im Standard am 17.10.21

Sehr geehrte Redaktion,

das Team Zukunftsrat Demokratie hat sich sehr gefreut, als Sebastian Fellner sich bei uns gemeldet hat, um eine journalistische Langzeitbeobachtung zu unserem Projekt für den Standard durchzuführen.

Die Gespräche mit Sebastian Fellner – und vor Ort in Salzburg beim BürgerInnenrat mit Philipp Pramer – waren auch durchwegs freundlich und interessiert. Dafür einmal danke, auch an die beiden.

Der Bericht – kann man es Reportage nennen? – allerdings ist – finden wir – nicht ausgewogen.

Da ist zum einen die faktische Falschinformation bereits in der Intro: „allgemein gehaltene Abschlusserklärung“ – Fakt ist vielmehr: Es gibt noch gar keine Abschlusserklärung. Die Abschlussdokumente sind noch in Arbeit und wir sind sicher, dass die beiden das auch wussten. Wir werden die Ergebnisse erst Anfang 2022 präsentieren, wenn auch die wissenschaftliche Evaluation abgeschlossen sein wird.

Unsere Arbeit sei „verdienstvoll. Aber sie dient auch als Beispiel dafür, was bei einem Bürgerrat alles schiefgehen kann.“

Was ist denn schiefgegangen? Der Prozess, die Auswahl, die Methode, die Durchführung? Diese Aussage kann doch nur den Bürgerrat selbst betreffen, der mit 10 TeilnehmerInnen in Salzburg stattgefunden hat. Und die TeilnehmerInnen, das hat Philipp Pramer ja live miterlebt, haben das Wochenende sehr positiv erlebt, die Gäste im BürgerInnencafé übrigens auch.

Wenn sich das „schiefgegangen“ auf den Weg dorthin bezieht: war alles nicht so einfach, wie wir es uns gewünscht hätten, holpriger und nicht so groß und komfortabel mit Geld ausgestattet. – Okay, so what? Das ist also „verdienstvoll, aber schiefgegangen“? Welchen Maßstab setzen die beiden an?

„Aber nicht immer geht dieses Projekt, das für mehr Partizipation sorgen soll, gut. Wie können Bürgerräte gelingen? Und woran können sie scheitern?“

Diese Fragen beantwortet die Langzeitbeobachtung nicht, sie geht sie nicht einmal an. Unser Projekt in den Kontext internationaler Prozesse zu stellen (wie der lange Exkurs zum französischen Prozess nahelegt), ist ein bissl weit hergeholt, wenn es darum geht, das Gelingen oder Scheitern zu beurteilen. 

Um die Frage anhand unseres Projekts beantworten zu können, wäre es produktiver gewesen, langzeitbeobachtend die Gründe ins Auge zu fassen, warum unser Team sich diese Arbeit antut, hunderte ehrenamtliche Stunden für die Idee der Bürgerbeteiligung und die modellhafte Verwirklichung aufzubringen. Die beiden Langzeitbeobeachter hätten im Team dazu jede Menge gute Gedanken abholen können.

Warum wir meinen, dass die österreichischen Spielregeln des politischen Handelns repariert gehören, erklärt sich angesichts der politischen Krise, die wir gerade erleben, ja nahezu von selbst.

So ist der Artikel am Ende doch ein wenig herablassend geworden, so, als hätte unser Projekt etwas beweisen müssen und wäre daran gescheitert. Wir haben eine Intervention für die österreichische Gesellschaft und Politik gesetzt – damit auch für uns und Euch und alle. Darüber werden wir Bericht legen und mit BürgerInnen, Politikerinnen und JournalistInnen sprechen – Lessons learned einsammeln und neue Projekte auf dieser Erfahrung aufsetzen.

Das Team des Zukunftsrat Demokratie

Zukunftsrat Demokratie/ Daniel Furxer

2 Kommentare zu „Replik auf den Bericht im Standard am 17.10.21“

  1. In den Köpfen der Österreicher – auch meinem und offensichtlich auch der Standardjournalisten – steckt „…es wird sich nie was ändern…“ fest. Eingebrannt. Zubetoniert die Hoffnung.

    Die die antreten was zu ändern – wie die grüne Bewegung damals. A bisserl was wurde anders. Im nächsten Korruptionsprozess wird’s dann die grüne Partei dawischen die auch nicht anders ist wie die anderen Machtmenschen.

    Was würd der Herr Karl sagen?
    Prost!

  2. Chris Jenewein

    Diese Erfahrungen mit der Presse haben wir von GILT auch gemacht.
    Sie sind so einfach in ihrem Denken, nur auf Schlagzeilen aus. Und schlechte Nachrichten sind leicht zu verkaufen.
    Sich in neuen Prozesse zurecht finden bräuchte mehr als diese heute sehr simple Handwerk der Journalisten.
    Zum Haare raufen war es als der Roland Düringer in der ZIB nicht danach gefragt wurde wie ein Bürgerparlament funktioniert sondern was ist, wenn die Bürger für die Einführung der Todesstrafe stimmen.

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