Häufig gestellte Fragen
Bürger*innen-Rat, Bürger*innen-Versammlung, Zukunftsrat. Worum geht’s?
Bürger*innen-Versammlungen oder -Räte sind eine Sammelbezeichnung für unterschiedliche Formate, bei denen ausgewählte Bürger*innen zu bestimmten Themen an Impulsen und Lösungen zu gesellschaftspolitischen Themen arbeiten. Meist ist ausschlaggebend, wer den Prozess zu welchem Zweck einberuft. Dies kann zum Beispiel eine politische Institution, die Verwaltung oder auch ein zivilgesellschaftlicher Verein sein. Oft werden Bürger*innen-Räte als “Konsultative” einberufen – als Ratgeber für institutionelle Akteur*innen, die sich das Meinungsbild und die diverse zivilgesellschaftliche Expertise zur Umsetzung politischer, auch ambivalenter, Projekte einholen wollen. So wird Bürgerbeteiligung als Ergänzung zur repräsentativen liberalen Demokratie gedacht. Gleichzeitig können Bürger*innen-Räte auch den Anspruch haben, das System als solches dahingehend zu verändern, die demokratische Formel der Mitbestimmung nicht über Repräsentant*innen, sondern unmittelbar über Delegierte umzusetzen. Desweiteren steht bei manchen Umsetzungen auch das demokratischen Miteinanders im Zentrum des “transformativen” Prozesses – weniger die konkreten Ergebnisse, sondern die Bildung eines demokratischen Bewusstseins unter den Teilnehmer*innen erscheinen als Ziel der Versammlung.
Auch formell unterscheiden sich unterschiedliche Formen der Bürger*innen-Versammlungen maßgeblich – wobei die Entscheidungen zu den gewählten Formaten und Methoden sowohl von der Zielsetzung des Prozesses, als auch von unterschiedlichen wissenschaftlichen Einschätzungen abhängt. Findet der Prozess an einem Wochenende statt, oder entfaltet er sich über einen längeren Zeitraum? Wie viele Menschen nehmen an dem Bürger*innen-Rat teil? Durch welche Methode werden sie ausgewählt und eingeladen? Welche Gestaltungs-, Kommunikations-, Arbeits- und Moderationsmethoden werden angewendet? Mit welchem Budget arbeiten die Veranstalter*innen?
Grundsätzlich wird klar: Bürger*innen-Versammlungen, -Räte, -Konvents sind variabel umsetzbar und kein einheitliches Modell, das eins zu eins übernommen werden kann. Daher setzen wir auf ein Prozess-Design, das verschiedene Methoden aus unterschiedlichen bereits umgesetzten Formaten verbindet.
Einen detaillierten Überblick über die verschiedenen Formate, samt Methoden und Praxisbeispielen, findest Du auf www.partizipation.at.
Die Zufallsauswahl - Wie funktioniert sie?
Zufallsauswahl – das bedeutet, dass die Teilnehmer*innen zufällig ausgewählt und zur Teilnahme eingeladen werden. Diese Methode gibt es historisch gesprochen bereits seit langem, sie macht den ausschlaggebenden Unterschied aus, wenn von einem “Rat” gesprochen wird.
Die Zufallsauswahl kann auf unterschiedliche Art und Weise mit mehr oder weniger Aufwand organisiert werden. Bei der einfachen Zufallsauswahl via Melderegister werden Teilnehmer*innen nach zunächst definierten Auswahlkriterien – wie etwa der Region, das Alter oder das Geschlecht – ausgewählt. Dieser Prozess kann durch einen zweiten Schritt ergänzt werden, wobei gemeinsam mit den Einladungen ein Fragenkatalog zu weiteren sozioökonomischen Daten abgefragt wird: beispielsweise Beruf, Ausbildungsgrad oder Herkunft. Aus dem Pool an Antworten wird dann wiederum eine der Gesellschaft entsprechende Gruppe zusammengestellt, die final zum Prozess eingeladen werden. Während beim Klimarat in Frankreich die Zufallsauswahl über per Zufall generierte Telefonnummern organisiert wurde, wurden zum Deutschen Bürgerrat Demokratie Einladungen entsprechend der einfachen Zufallsauswahl entsendet, wobei nur Staatsbürger*innen berücksichtigt wurden.
Ein weiteres innovatives Verfahren, das derzeit in Deutschland getestet wird, ist das sogenannte “aufsuchende Verfahren”. Um zu gewährleisten, dass nicht nur ohnehin interessierte Bürger*innen teilnehmen, wird eine kleine repräsentative Gruppe selektiert. Die eingeladenen Personen werden daraufhin persönlich aufgesucht. Damit wird angestrebt, dass sich die Teilnehmer*innen persönlich angesprochen fühlen und auch grundsätzlich weniger Politik-Interessierte zur Teilnahme zustimmen. Zudem kann sichergestellt werden, dass besondere Bedürfnisse, wie zum Beispiel geringere Deutschkenntnisse, im deliberativen Prozess berücksichtigt werden.
Beim Zukunftsrat Demokratie ist uns sowohl eine möglichst hohe Repräsentativität an, sowie eine Berücksichtigung aller von der Politik Betroffenen – also ebenfalls Personen, die keine Staatsbürgerschaft, aber ihren Lebensmittelpunkt in Österreich haben – wichtig. Gemeinsam mit unseren Partner*innen entwickeln wir derzeit einen für unser Format passenden Prozess und streben ein zumindest teilweise aufsuchendes Verfahren an.
Was verspricht die Zufallsauswahl?
Zudem ist es ein wichtiger Erfolgsfaktor der Zufallsauswahl, dass sich dadurch Menschen unterschiedlicher Lebensrealitäten zusammenfinden. Im gemeinsamen Arbeiten an Lösungen zu politischen Fragen zu arbeiten, werden Perspektiven von bis dahin einander unbekannten Menschen sichtbar. Je höher die Qualität der Repräsentation, umso mehr unterschiedliche Sichtweisen treffen aufeinander. Die Moderation sorgt dafür, dass niemand zu viel Zeit für sich alleine beansprucht oder weit an den Themen vorbei Monologe hält.
Was kostet so ein Bürger*innen-Rat?
Die Höhe der Kosten, um einen Bürger*innen-Rat umzusetzen, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab, die auch mit den Qualitätsansprüchen des Prozesses zusammenhängen. Ist die hohe Repräsentativität innerhalb der ausgewählten Gruppe wichtig, muss eine entsprechend Ressourcen-aufwändige qualitative Zufallsauswahl gewährleistet werden. Die Qualität des deliberativen Prozesses hängt von der inhaltlichen Vorbereitung, wie auch der Professionalität der Moderator*innen ab. Gleichermaßen kann ein Bürger*innen-Rat nur dann gelingen, wenn den Bürger*innen die entsprechenden Informationen durch einen Expert*innen-Beirat zur Verfügung gestellt wird. Auch Dauer und Teilnehmer*innen-Anzahl sind für die Höhe der Kosten ausschlaggebend.
Nicht zuletzt haben die Aufwandsentschädigung, wie auch die Reisekosten der Teilnehmer*innen einen hohen Anteil am Gesamtbudget eines inklusiven deliberativen Prozesses.
Der Zukunftsrat Demokratie finanziert den Bürger*innen-Rat aus unserem Crowdfunding auf Respekt.net mit einem Zielbudget von 50.000 für einen Prozess mit etwa 20 Teilnehmer*innen an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden, einer ausgebildeten Moderation, sowie eines schlanken Expert*innen-Beirats an Demokratie-Expert*innen. Einberechnet sind ebenfalls die Aufwandsentschädigung, wie auch die Übernahme der Fahrtkosten.